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Brautschau im Elend

Gefunden über: Syrian women are Refugees and Not your Captives

Aus der Not Anderer Kapital zu schlagen erfordert neben logischem Denken, welches durch keine Emotionen getrübt wird, auch die Bereitschaft, das Gegenüber als Ware, als Ressource sehen zu können. Jede individuelle Eigenschaft abziehen, damit als austauschbares, reproduzierbares Stück Konsumgut zum Verbrauch verwertet werden kann. Weniger als Dreck.

Der Fantasie sind bekanntlich keine Grenzen gesetzt, und auch die Not anderer kann erfinderisch machen: wie etwa die Idee, sich in Auffanglagern hinter dem Kriegsgebiet junge Mädchen zu suchen, und den Eltern Geld für eine Heirat zu bieten. Die Idee dürfte nicht neu sein. Nur überraschend.

Derzeit mehren sich Berichte aus Flüchtlingslagern um Syrien. Reiche Säcke kaufen sich Bräute, welche in Flüchtlingslagern weniger Argumentation und vor allem Gegenleistung erfordern dürften als in stabileren Bereichen der Zivilisation. Die Aussicht, eventuell doch in ein besseres Leben als zwischen Leinwand und ungewissem Ende des nächsten Tages weiter leben zu können könnte sein übriges Tun, um sich zu etwas hinreißen zu lassen.

Wenn »die Ehre besudelt« ist, wenn durch Vergewaltigung zum physischen und psychischen Trauma auch noch eine Umwelt ertragen muss, welche damit ebenfalls nicht umgehen kann, diese Last aber dem Opfer noch zusätzlich aufbürdet – so kann dies ebenfalls ein leicht zugängliches Opfer für so einen Heiratsdeal sein.

Ihr widert mich an. Keine Ideologie, keine Religion, keine Wissenschaft kann rechtfertigen, was wir uns gegenseitig antun. Belegen, erklären. Aber nicht rechtfertigen.

Keine Ahnung, ob dies nur Gerüchte sind, oder jemand durch diese Gerüchte auf die Idee gebracht wird. Irgendeine_r wird irgendwo »es« zum ersten Mal gemacht haben, es wird sich wiederholt haben, bis es traurige Wahrheit und dann irgendwann, wenn auch nur in sehr kleinem Maß aber doch, Teil des Alltags wird.

Leute, ihr macht mich krank. Dass zwischen den hohen Idealen und sich mit Zähnen, Fingernägeln, Händen und Füßen und dann vielleicht Stock oder Stein sich gegenseitig zerfetzenden Viechern nur eine eben mal nennenswerte Firnis namens Zivilisation liegt ist mir klar. Nur dass Tiere durch Beißhemmung und Tötungshemmung vor dem letzten Schritt eher zurück schrecken – sich die Überwindung und immer wieder aufs neue Überwindung desselben einen nur schwer überwindbaren Machtfaktor darstellt. Wer zuerst zuschlägt, bleibt länger am Trog.

Diese Welt hat uns nicht verdient; und wir haben einander nicht verdient. Auf dem Weg zu einem idealisierten Zustand werden wir an unserer eigenen Scheiße ersticken. Es widert mich an, dass ich und jede_r andere potentiell zu so etwas ist, und nichts außer uns selbst und die Angst vor Konsequenzen zurückhält. Dass wir uns allein überlassen sind, und uns noch immer auf einen Gott, eine Brauch, eine Idee, eine Erklärung ausreden. Mir ekelt vor euch, und vor dem was wir sein können.