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Totalüberwachung zum Schutz vor uns selbst

 

»Du und ich, der Staat – das waren mal wir?«

»Der Staat sind wir!«, so ein griffiger Slogan, der ein kollektives »Wir« beschwört; dass als Grundlage für eine Gemeinschaft dient, die auf »Mia san mia« aufbaut und in eine nach außen eisenhart abgeschotteten Gemeinschaft manifestiert. Alles außerhalb dieser Gemeinschaft wird kann als Bedrohung gedeutet werden und wehe denen, die sich nicht innerhalb der sicheren Wällen der Gemeinschaft findet.
Aber auch innerhalb dieser Insel der Seeligen, in einer potentiell feindlichen Welt, kommt es zu Spannungen. »Der Feind« kann schon überall mithören, am selben Tisch sitzt, das selbe Brot essen, vom selben Teller naschen, im selben Bett schlafen, am Beifahrersitz sich chauffieren lassen, … der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Am Ende dieser Einbahn winkt mit verzwicktem Lächeln der Verfolgungswahn.

»Sicherheit!«

Das Verlangen nach »Sicherheit« ist eines der grundlegenden menschlichen Bedürfnisse. Wer sich fürchten muss, im Schlaf ermordet oder beim Essen vergiftet zu werden, wird wenig Freude am Leben entwickeln. Wer »Sicherheit« glaubwürdig versprechen kann, besitzt Macht, welceh an die tiefsten Wurzeln der Existenz geht [Bedürfnishierarchie].

Wir produzieren Sicherheit
um diese Welt zu bessern
Alles, damit Ihr sicher seid
füll´n Frieden ab in Fässern.
Und wenn der erste Schuss dann kracht,
und alles liegt in Asche,
dann werden die Fässer aufgemacht,
und jeder kriegt ´ne Flasche.
[Mike Krüger: Sinn der Bundeswehr, 1975 (Quelle)]

Auch der Staat verspricht »seinen BürgerInnen« Sicherheit. Jedoch: wer BürgerIn und damit schützenswert und wer dies nicht ist, wird am Papier und durch Papiere geregelt. Wer BürgerIn ist und sich auch an die Regeln hält, wird Sicherheit versprochen. Wer dem nicht entspricht, ist nicht schützenswert.

Cargo Cult Syndrom

Nennt es Cargo-Cult, Simulation, herbei zaubern: Um mit Sicherheit Sicherheit über die Sicherheit zu haben, muss diese dingfest gemacht Um etwas Abstraktes greifbar zu machen, muss es verkörpert werden. Was ist der Kaiser ohne seine Krone?


[Bildquelle]
Chinas letzer Kaiser, Pu Yi, nach seiner Entmachtung.
Mit dem Status eines Bürgers, als Gärtner arbeitend.

Überwachungskameras sind greif- und sichtbare Zeichen dafür, dass auf uns geschaut wird, dass jemand über uns wacht. Wie viele Kameras allein in Banken Überfälle verhindert haben ist mir nicht bekannt. Aber es wird schon Sinn gemacht haben. Zumindest beim Nachweis, wer wann wo war und dabei eventuell eine Bank überfiel.

»Präventivschlag gegen das eigene Volk«

»Vorbeugen ist besser als auf die Schuhe kotzen« und »Gott schütze mich vor meinen Freunden. Mit meinen Feinden komme ich allein zurecht«. Prävention ist, seine Gegner zu studieren, um deren möglichen Züge abschätzen und entsprechend vorbeugend handeln zu können. Zuerst Schießen und dann Fragen ist die zu weit geführte Form dieses Handelns. Kann der tödliche Warnschuss schlüssig begründet werden, kann aus Mord Totschlag werden [Mord = geplante , Totschlag = ungeplante Tötung]. Aus dieser Logik entstand der »Präventivschlag«…

Ab drei Personen besteht die Gefahr, dass zwei sich gegen die verbleibendende Minderheit verbünden. Hochgerechnet auf die Zahl von Personen, welche »das eigene Volk« bilden, wird das diffuse Bedrohungspotential der Menschen ans sich und gegen jene, welche »die Sicherheit« und »die Ordnung« erhalten wollen, nahezu unabschätzbar.

Es scheint nahezu zwingender Schluss zu sein, dass nur die totale Überwachung Aller ein Mindestmaß an »Sicherheit« herstellen kann.

Man schaut auf uns


[Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (Bildquelle)]

Mit dem Totschlagargument »Wer nichts zu verbergen hat…« wird ein genereller Verdacht ausgesprochen, ein potentieller Vertrauensbruch manifest. Zu unser aller Schutz vor allem vor uns selbst wird überwacht:

  • Kommunikation: wer wann wo
    • mit wem wie lange telefonierte
    • mit dem Mobiltelefon unterwegs gewesen ist [sofern es das eigene war…]
    • nach welchen Begriffen im Internet suchte
    • welche Seiten im Internet besuchte und wie lange auf diesen blieb
    • wem eine SMS oder eine E-Mail schickte
  • Bewegung: wer wann wo
    • elektronische Maut bezahlte
    • sich A nach B bewegte [Mobiltelefon, GPS, Routenplaner, …]
    • mit [wessen] Bankomatkarte bezahlt hat
    • bei ⁄ in welcher U-Bahn [Station] aufhielt
    • in welchem privaten Raum aufhielt [Einkaufszentrum, Café – wissen Sie, ob Kameras aufzeichneteb und eventuelle Aufzeichnungen gelöscht wurden?]

»Blödsinn! Niemand tut sich diese Arbeit an!!!«

Speichermedien sind lächerlich billig geworden, Datensätze wie die besprochenen brauchen kaum Speicherplatz und Arbeit die noch nicht automatisiert werden konnte kann entsprechend entlohnt werden. Schließlich geht es um Sicherheit! Auch für jene, welche die Auswertung und Analyse der Datensätze übernehmen. Auch diese sind nur Menschen und haben Familie und Menschen die Ihnen nahe stehen, welche sie durch ihre Arbeit schützen.

»Wo war der Vertrauensbruch?«

Diese Daten können und werden zum größten Teil aufgezeichnet und für eine mögliche weitere Auswertung auch in Österreich [seit 2012] für mindestens sechs Monate vorrätig gehalten. Zu Ihrer und meiner Sicherheit. Zum Schutz aller, im Namen des allgemeinen Wohls. Man schaut auf uns und es wird wirklich genau hingesehen. Für einen kleinen Einblick empfiehlt sich die Lektüre des Sicherheitspolizeigesetzes [SPG] – 4. Teil: Verwenden personenbezogener Daten im Rahmen der Sicherheitspolizei [gesamte Gesetzestext des SPG].

Von der Unschuld der Maschinen

Es wird davon ausgegangen, dass jedes Mitglied aller Instanzen zur Umsetzung von Gesetzen wie dem SPG sich buchstabengetreu an alle Vorgaben halten werden. Dass ein Irrtum oder falsches Handeln absolut ausgeschlossen werden kann. Dass Missbrauch der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten undenkbar ist. Absolute Unfehlbarkeit, volles Vertrauen.
Sollte es wieder allen Erwartens zu einem falschen Handlung kommen, sei dies aus Unwissenheit, Missverständnis, oder reinem menschlichen Versagen, so dürfen wir davon ausgehen, dass alle Vorkehrungen getroffen wurden, um eventuell verursachtes Leid zu tilgen. Hier beginnt das Rad sich wieder zu drehen: Es kann davon ausgegangen werden, dass jedes Mitglied aller Instanzen zur Umsetzung von [Fortsetzung zu Beginn dieses Absatzes].

Die oben gelisteten Daten liegen fast zur Gänze in elektronischer Form auf. Die Programme, die Software welche bei der Erstellung und Auswertung der Daten verwendet werden, wurden nach den höchstmöglichen Maßstäben entworfen und umgesetzt. Wie die Programme im Inneren arbeiten, bleibt jedoch nahezu immer Firmengeheimnis zwecks Sicherung von Wettbewerbsvorteilen. Somit muss zur Gänze darauf vertraut werden, dass sowohl bei der Erstellung als auch Verwendung keinerlei Fehler passieren können. Dass die von Menschen erstellten Produkte bezüglich eventueller Fehlbarkeit über jeden Zweifel erhaben sind. Dass Missbrauch durch Unbefugte für alle Zeiten ausgeschlossen werden kann.

Hier gelten die selben Regeln wie für die Ausführung von Gesetzten: Es wird davon ausgegangen, dass jedes Produkt in allen Instanzen der Datenbeschaffung zur Umsetzung von Gesetzen wie dem SPG sich buchstabengetreu an alle Vorgaben halten werden. Dass ein Irrtum oder falsches Handeln absolut ausgeschlossen werden kann. Dass Missbrauch der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten undenkbar ist. Absolute Unfehlbarkeit, volles Vertrauen.
Sollte es wieder allen Erwartens zu einem falschen Handlung kommen, sei dies aufgrund technischer Störungen aus Unwissenheit, Missverständnis, oder reinem menschlichen Versagen, so dürfen wir davon ausgehen, dass alle Vorkehrungen getroffen wurden, um eventuell verursachtes Leid zu tilgen. [Fortsetzung zu Beginn des Abschnitts, ab »Von der Unschuld der Maschinen«…].

Blindes Vertrauen in Technologie? Aufgabe der Selbstbestimmung durch Überantwortung an die Maschinen? Oder einfach nur feiges Davonlaufen vor Eigenverantwortlichkeit? Spätestens, wenn es wieder einmal zu spät wurde, werden wir mit Sicherheit Gewissheit darüber haben.

»Wer überwacht die Wächter? Sie!«

Die Frage Quis custodiet ipsos custodes stellt nicht nur Alan Moores Graphic Novel »Watchmen«. Es ist nicht schwer, sich einen Einblick in den Datenbestand geben zu lassen, den der Staat über Sie hat: §26 des Datenschutzgesetzes [voller Gesetzestext] ermöglicht ein kostenloses Auskunftsbegehren